– öffentlich –
Dossier über Dieter Lenzen
  Bewerber um das Präsidentenamt an der Universität Hamburg
  November 2009
  Inhalt:
1. „Herrschaft des Besten“?
  Einleitung
2. Ein Offizier des Kapitals
  - „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM)
  o Grundsätze
  o Zu Studiengebühren
  o Zu Humankapital
  - Aktionsrat Bildung
3. Dressur statt Bildung – der „Pädagoge“
  - Bildung als Standortfaktor
  - Geschichtsrevisionismus
  - Disziplin, Ordnung, Autorität
  - Schulpolitik
4. ... als Hochschuldidakt
  - von der Ungleichwertigkeit der Menschen
  - Auswahlverfahren, Ba/Ma, Credit- und Malus-Points
  - Sozialdarwin
5. Der Wissenschaftspolitiker und die Forschungsuniversität
  - Profilbildung durch Ökonomisierung
  - Rüstungsforschung statt Sozialkritik
  - Ein Hohelied auf Cluster
6. Die Diktatur des Managements
  - Berufungspolitik
  - Anti-Links
  - Maulkorb-Erlaß
  - Studentische Mitbestimmung nicht gewünscht
V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Olaf Walther, Christian Sauerbeck - BAE!
  
„Herrschaft des Besten“?
Der Bewerber für das Präsidentenamt an der Universität Hamburg
„Die großen Transformationsereignisse der letzten fünfzehn 
  Jahre von der sogenannten Wende bis zu maßlosen Millenniumsfeiern haben 
  bei breiten Kreisen der Bevölkerung einen Suff der Gegenwärtlichkeit 
  hinterlassen, der nicht einmal Platz für eine Zukunftssorge auf mittlerem 
  Niveau läßt.“ 
  Dieter Lenzen, „Planungsrationalität, Kultur und Moral“, Rede 
  zum Amtsantritt als Präsident der FU Berlin, 27. Juni 2003.
„Die Massen scheinen mir nur in dreierlei Hinsicht einen Blick zu 
  verdienen: einmal als verschwimmende Kopien der großen Männer, auf 
  schlechtem Papier und mit abgenutzten Platten hergestellt, sodann als Widerstand 
  gegen die Großen und endlich als Werkzeuge der Großen; im Übrigen 
  hole sie der Teufel und die Statistik!“ 
  Friedrich Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Zweites Stück, 
  Kapitel 9, 1873.
 
  
Prof. 
  Dr. Dieter Lenzen, derzeit umstrittener Präsident der „Freien“ 
  Universität Berlin, ist Bewerber für das Präsidentenamt an der 
  Universität Hamburg. Er vertritt eine reaktionäre Kritik an der derzeitigen 
  Gesellschaft. Weltanschaulich steht er in liberal-konservativer Tradition und 
  baut auf die „Grundwerte“ Ordnung (als Abwehr sozialer Befreiung), 
  Differenz (Ungleichheit als konstitutives menschliches Merkmal), und elitäre 
  Distanz (als Grundlage herrschaftlichen Eingreifens zur Verteidigung gesellschaftlicher/individueller 
  Privilegien). Diese Konzeption ist sowohl ideologisch, politisch als auch in 
  der (kulturellen) Praxis seiner Hochschulleitung nachweisbar. 
  Der berliner CDU galt er zeitweise als möglicher Kandidat für das 
  Amt des Regierenden Bürgermeisters.
  Seine Nominierung für das Präsidentenamt durch den Hochschulrat käme 
  einer Kriegserklärung an die Universität und ihre Mitglieder gleich. 
  Sie wäre sowohl auf die gesellschaftlich notwendige Verwirklichung des 
  universitären Leitbildes als auch wegen der neueren Auseinandersetzung 
  für eine Demokratisierung und kooperative Entwicklung der Universität 
  eine ebenso reaktive wie riskante Maßnahme. 
  Nachfolgend soll diese Einschätzung nachvollziehbar gemacht werden:
Ein Offizier des Kapitals
Der Bewerber ist vielfältig für die ideologische und bildungspolitische 
  Durchsetzung der partikularen Interessen großer Unternehmen engagiert. 
  
  Er ist Fördermitglied und Berater der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" 
  (INSM). Diese ist vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall und all deren regionalen 
  Teilverbänden – versammelt die Automobil- und Rüstungsindustrie 
  – ins Leben gerufenen und wird jährlich mit offiziell 8,8 Mio Euro 
  finanziert. Es handelt sich um einen neoliberalen „think tank“, 
  der nachweislich und ohne jeden Hehl im Sinne seiner Erfinder Medienmanipulation 
  betreibt. 
Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ verfolgt ideologisch die konkurrenzgeleitete Zerstörung sozialstaatlicher Errungenschaften. Wissenschaftspolitisch propagiert sie insbesondere Studiengebühren als Maßnahme zur Herstellung von „Gerechtigkeit“ zwischen vermeintlich substantiell privilegierten Akademikern und von diesen angeblich ausgenutzten Fachaberbeitern. Nicht Mechaniker und Akademiker sind beide Mittel zum Zweck der unternehmerischen Profitsteigerung (bzw. der staatlichen und ideologischen Organisation und Absicherung dieses Prozesses), sondern der Mechaniker werde durch den Akademiker ausgebeutet.
Für den Standort sei der Mensch zu vermarkten. Mit einer ganzseitigen Zeitungsanzeige warb INSM mit einer anti-humanen Reklame: „Unser teuerster Exportartikel“. Zusehen ist ein menschliches Gehirn in einem durchsichtigen Gefrierbeutel. Über dem Scan-Code ist zu lesen: „Feinstes Akademikergehirn, Gewicht: 1375g, Haltbar bis: 05/2040, Herkunftsland Deutschland“. Ungehemmt wird auf der Würde des Menschen herumgetrampelt.
                                  
Der Mensch zynisch zerlegt und verpackt als Ware, zum Export bereit – 
  oder doch besser zu animieren, sich zur kannibalisch-profitablen Verwertung 
  am „Standort Deutschland“ bereit zu stellen. 
  Dieter Lenzen wirbt im Dienste dieses „think tanks“ für arbeitsmarktkonformes, 
  „leistungsorientiertes“ und konkurrenzverschärfendes Lernen 
  in vorwiegend kulturell selektiven Bildungsinstitutionen.
Darüber hinaus ist er Vorstand des „Aktionsrats Bildung“ der 
  bayrischen Wirtschaft (Metall- und Elektro-Industrie). Der „Aktionsrat“ 
  hat den Auftrag für eine kapitalverwertungsgerechte Bildungsdeform in Land 
  und Bund vermeintlich wissenschaftlich untersetzte „Studien“ zu 
  verbreiten. In deren Auftrag gab Lenzen 2003 die Studie „Bildung neu denken! 
  Das Zukunftsprojekt“ heraus. Hierin wird das derzeitige Bildungssystem 
  mit neoliberalen Behauptungen „kritisiert“. Das Bildungssystem müsse 
  entstaatlicht, Schule auf die Förderung von „Leistung“ und 
  „Eigenverantwortung“ und institutionelles Marktbestehen (rsp. -versagen) 
  zugerichtet werden. Die „Leistungselite“ müsse bessere „Rekrutierungsbedingungen“ 
  haben und vergrößert werden, die „leistungsschwache“ 
  Mehrheit sei zielgerichteter auf Arbeitsmarkterfordernisse zuzurichten. 
  [Quelle: http://www.romanherzoginstitut.de/uploads/tx_mspublication/Lenzen-Studie_Bildung_neu_denken.pdf)]
Unverholen betreibt der vermeintliche Wissenschaftler Lenzen also die gesellschaftliche 
  Spaltung in „Elite“ und „Masse“ im Auftrag der Eigentümer, 
  Aktionäre und Vorstände der deutschen Schlüsselindustrien. Als 
  Lobbyist zur profitbringenden Negation von Menschenwürde, politischer Gleichheit, 
  freier Entfaltung der Persönlichkeit, Wissenschaftsfreiheit und Sozialstaatlichkeit 
  bewegt er sich höchstens scheinbar im Rahmen des Grundgesetzes.
  Unvereinbar ist dies auch mit dem Leitbild der Universität Hamburg (1998):
„Wissenschaftliche Freiheit in gesellschaftlicher Verantwortung: Die Mitglieder der Universität wollen die universitären Aufgaben in der Verbindung von Forschung und Lehre, Bildung und Ausbildung in wissenschaftlicher Unabhängigkeit erfüllen. Sie wollen zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft beitragen und Frauen und Männern gleichen Zugang zu Bildung und Wissenschaft eröffnen.“
Dressur statt Bildung – Der „Pädagoge“
Herr Lenzen geht davon aus, daß „Deutschland“ sich in der „globalisierten Welt“ als bester Wirtschaftsstandort auf Kosten und zu Lasten der Mehrheit der Weltbevölkerung durchsetzen muß:
„Wieder einmal kommt der Bildungspolitik die Schlüsselrolle zu, an die Stelle des Sputnik-Schocks ist der Pisa-Schock getreten, erneut wird nach „Bildungsreserven“ gesucht, und erneut besteht die Gefahr, dass gesellschaftspolitische Debatten die eigentliche Kernfrage überlagern: Wie wird es möglich sein, Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft schon in Familie und Schule zu kultivieren, die Freude am Wettbewerb nicht zu diskriminieren, eine möglichst große und tüchtige Leistungselite zu fördern, Dienstleistungsberufe herauszubilden und die bildungsfernen Schichten zu aktivieren?“
[http://www.wirtschaftundschule.de/WUS/homepage/Aktuell/Bildungspolitik/Mehr_lernen__was_sonst_.html?version=w]
Um diese gesellschaftlichen Widersprüche reaktionär beantworten zu können, müssen die humanistischen Lehren aus dem Faschismus als irrationale Reflexe denunziert werden:
„Die >Bildungsreform< wurde indessen von einem ganz anderen Thema überlagert: der Kritik an der >autoritären<, >spätkapitalistischen< Gesellschaft. Die Aufmerksamkeit der Schulen wurde auf gesellschaftliche Lehrplaninhalte gerichtet, >soziales Lernen< rückte in den Mittelpunkt der Aktivitäten. Der deutsche Glaube daran war unverrückbar, dass staatliche Erziehung entweder zum Sozialismus in der DDR oder zum kritischen Staatsbürger in der Bundesrepublik eine Wiederholung der Gräuel des Naziregimes verhindern könnte. Weil die Durchsetzung von Leistungsstandards aber als ein besonderes Beispiel für autoritäres Unterrichten gehalten wurde, diskriminierte man die Prinzipien der Leistung, der Anstrengung oder gar des Wettbewerbs nicht selten als solche.“ (ebd.)
Jetzt sei dieser Irrtum auszuräumen:
„Eine Bildungsrevolution wird nur gelingen, wenn wir, die Bürger in allen Schichten, begreifen: Bildung heißt in erster Linie Selbstdisziplin, Anstrengung, Verantwortung, Fairness gegenüber den anderen und Respekt gegenüber den Erziehenden. Das heißt schließlich für und, wenn wir Eltern oder Großeltern sind: nicht nur Ja zu sagen zu allem, was unsere Kinder tun, nicht wegzuschauen, wenn sie sich falsch verhalten, sondern auch Nein zu sagen und den richtigen Weg zu zeigen.“ (ebd.)
Das christlich-konservative Anti-Reform-Konzept für „Mut zur Erziehung“ 
  (Konrad-Adenauer-Stiftung 1978) ist hier deutlich wiederzuerkennen. Wir empfehlen 
  Herrn Lenzen den Besuch des Kinofilms das weiße Band.
  Nur leicht modifiziert wendet sich Lenzen gegen integrative Schulbildung, setzt 
  sich für ein Zwei-Säulen-System zur privilegierten Qualifikation einer 
  gymnasialen Elite und einer arbeitsmarkt-relevanten Mobilisierung von Bildungsfernen 
  in Stadtteilschulen. Schulen seien zudem wie „Privatbetriebe“ zu 
  „führen“ und durch Ressourcenanreize (auch: Bildungsgutscheine) 
  oder fiskalische Strafen am Markt zu fördern oder zu schließen. (Quelle: 
  http://www.zeit.de/2007/11/C-Gespraech-Lenzen)
  Was hier als „Bildung“ dargestellt wird, dient somit einzig der 
  verzichts- und disziplin-beladenen Erziehung zur individuellen Aufopferung für 
  die Standortgemeinschaft. Das schließt die Existenz und Förderung 
  einer privilegierten „Leistungselite“ ein und ist somit die anti-aufklärerische 
  Verneinung von gesellschaftlicher Egalität, Solidarität und entfaltungsfördernder 
  Kooperation.
… als Hochschuldidakt:
„Das bedeutet zu versuchen, Benachteiligungen auszugleichen, die unverschuldet sind, ohne Förderung mit Versorgung zu verwechseln, ohne multikulturelle Partys bereits für eine Sensibilisierung gegenüber der Aura des Fremden zu halten und ohne zu glauben, dass geringe Leitungsanforderungen an unseren Studierenden in deren Sinne wären. Sie werden heute nicht einmal von diesen mehr erwünscht. Richtigerweise muss deshalb das Fördern mit dem Fordern, die Offenheit für das andere mit der Einhaltung unserer Regeln des Lebens und die Leistungserwartung mit der Bereitschaft verbunden sein, denen, die etwas leisten sollen, auch die Möglichkeit dazu zugeben“ (Dieter Lenzen: Amtsantritt als Präsident der FU Berlin, Mai 2003)
Menschen sind – so Lenzen – also je nach „Leistung“ 
  unterschiedlich viel wert. Förderung und Nachteilsausgleich seien nur Erlaubt, 
  wenn sie Aussicht auf ökonomisch verwertbare Instrumentalisierung des Menschen 
  hätten. Eine straffe Selektion durch willkürliche Auswahlverfahren 
  („Mixtur“ aus „Auswahlgesprächen“ und „Multiple-Choice“), 
  durch die prüfungsbeladenen BA/MA-Studiengänge und eine enge Auslese 
  im Übergang zum (zweisemestrigen) Master nach einem achtsemestrigen Bachelor 
  entsprechen seinen Vorstellungen. Es nimmt deshalb nicht Wunder, daß die 
  FU Berlin bei der Einführung von Bachelor/ Master-Studiengängen zusätzlich 
  zu den üblichen Credit-Points auch noch Malus-Punkte in ihren Prüfungsordnungen 
  verankert hat, die den Leitungsdruck ein weiteres Mal steigern.
  Bildungspolitisch ist der Bewerber ein Vertreter des sozialdarwinistischen „survival 
  of the fittest“. Das wird nicht im geringsten dadurch gemildert, daß 
  er zum besseren Zugriff der Arbeitgeber auf die qualifizierte „Ressource 
  Mensch“ für die Öffnung der Hochschulen plädiert. Tatsächlich 
  sinken auch an der FU die Studierendenzahlen.
Die humanistische Alternative: „Bildung mündiger Menschen: Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“ (Leitbild der Universität Hamburg, 1998)
Der Wissenschaftspolitiker und die „Forschungsuniversität“
Der Kriegslogik der Standortpolitik folgend, hat Wissenschaftspolitik für den Bewerber Lenzen vor allem Forschungsförderung nach privat-ökonomischen Kriterien zu sein. Auch die von ihm geforderte Erhöhung des Wissenschaftsetats und Ausdehnung der Hochschulautonomie (gegenüber dem demokratisch legitimierten staatlichen Stellen, nicht Drittmittelgebern und privater „Partner“) dient einzig diesem Zweck. Die Hervorbringung von „Forschungs-Produkten“ und Absolvent_inn_en ist allein an Markterfolgen auszurichten. Nur in diesem engen Rahmen haben die Entwicklung „kritischer Kompetenz“, die Gleichstellungspolitik oder die Nachwuchsförderung ihren Platz:
„Ich erwarte, daß wir gemeinsam in diesem Prozeß auf ein Set von höchstens einem Dutzend großer Schwerpunkte oder Cluster gelangen, zu denen Fächer, Institute, Fachbereiche jeweils originäre Beiträge leisten, so daß diese Clusterstruktur zu dem führt, was man heute als Alleinstellungsmerkmal bezeichnet.“ (Dieter Lenzen, Rede anläßlich der Wahl ins Präsidentenamt der FU Berlin, Mai 2003.)
Die Wissenschaftscluster – nahe verwandt dem in Hamburg längst politisch 
  beerdigten McKinsey/Dohnanyi-Plan der Forschungsdepartments – dienen der 
  Separierung der Forschung von der (niederen) Lehre und der institutionellen 
  Entkopplung von (teil-)demokratischen akademischen Selbstverwaltungsstrukturen. 
  (vgl. Bodo Zeuner, „ Die Freie Universität Berlin vor dem Börsengang?, 
  Abschiedsvorlesung, 2007.) Die Aquirierung von Drittmitteln und Sponsoringgeldern 
  wird als Befreiung aus der staatlichen Gängelung und Entlassung in die 
  Marktfreiheit abgefeiert.
  Bei gleichzeitiger staatlicher Unterfinanzierung hat dies in extremen Ausmaß 
  zur Abwicklung kritischer Wissenschaftsanteile und zur Auslieferung aller Fächergruppen 
  an die Erwartungen der Geldgeber geführt. Im Jahresbericht der Informationsstelle 
  Militarisierung e.V. (IMI) von 2009 ist deshalb auch eine Beteiligung an Rüstungs- 
  und „Sicherheits“-Relevanter Forschung nachgewiesen. (Sarah Nagel, 
  Imi-Studie, Nr. 07/2009) 
Lenzen: „Ich halte dieses für den einzigen Weg, angesichts der sich verschärfenden ökonomischen und politischen Situation in dieser Stadt die Freie Universität als Universität zu behalten, weiter zu entwickeln und ihr eine unverwechselbare Identität zu geben. Diese Cluster orientieren sich an mittelfristigen, vorhersagbaren, gesellschaftlichen Erwartungen an Universitäten. Es sind dieses Erwartungen, die im Zusammenhang mit Technologieentwicklungen stehen, mit einem intellektuell hochrangigen Beratungsbedarf vom politischen System bis hin zur Judikative und mit der klassischen Aufgabe europäischer Universitäten bei der Rekonstruktion kultureller Tradition und der Ausdifferenzierung der Kultur.“ (Dieter Lenzen, Antrittsrede, Mai 2003)
Die Universität als konforme Dienerin privat-ökonomischer Interessen 
  und politischer sowie kultureller Herrschaftssicherung – mit dieser Zielsetzung 
  wird die intellektuelle Selbstentleibung einer Zentraleinrichtung gesellschaftlicher 
  Aufklärung betrieben.
  Wahrlich: Eine Exzellenz-Universität!
„Freie Forschung und wissenschaftliche Lehre: Durch ihre Forschung trägt die Universität Hamburg zur freien Entwicklung der Wissenschaft bei, durch Lehre und Studium zur Verwirklichung des Rechtes auf wissenschaftliche Bildung.“ (Leitbild)
Die Diktatur des Managers
Der Widerspruch zwischen einerseits den Forschungs-Ufos und andererseits gesetzlich gesicherter Mitbestimmung auf Basis der historisch begründeten Fächer- und Selbstverwaltungsstruktur wird von Lenzen diktatorisch „aufgelöst“. Wann immer ein Konflikt droht, werden die Gremien schlicht vermittels präsidialer „Richtlinienkompetenz“ ausgeschaltet oder auf anderen Wegen delegitimiert und umgangen. Beispiele:
„LENZEN: Wenn man einen Wettbewerb zwischen den Universitäten wünscht, dann gehört natürlich dazu, dass diejenigen, die für die Institution verantwortlich sind, auch die Personalpolitik machen können. In erster Linie die Fachleute aus den Fachbereichen. Die gesamtstrategische Steuerung muss in die Hände der Hochschulleitungen, also der Dekanate und Präsidien, gebracht werden. Denn die Gesamtlinie einer Uni kann nicht von einer Berufungskommission überblickt werden. Kein Mensch käme auf die Idee, die Bereichsleiter bei Mercedes durch den Wirtschaftsminister oder die Belegschaft auswählen zu lassen. Oder nehmen wir den Exzellenzwettbewerb. Der wird zu einer einzigartigen Verschiebung von Schwerpunkten in den Universitäten führen. Deshalb haben DFG und Wissenschaftsrat den Hochschulleitungen als Antragstellern eine besondere Rolle zugewiesen.“ (Tagesspiegel, 12.09.2005, S. 25)
So wird jede demokratische Legitimation der Präsidentschaft – ob 
  durch eine zumindest parlamentarisch gestützte Behörde oder durch 
  die Wahl durch Hochschulmitglieder – rundheraus abgelehnt. Aus dieser 
  Sicht hielt der Präsident der FU Berlin es auch für angebracht, in 
  einem bemerkenswerten Willkürakt die Berufung des durch sämtliche 
  zuständigen Gremien einhellig unterstützten Nordamerikanisten Albert 
  Scharenberg auf eine Junior-Professur am J.F.Kennedy-Institut der FU zu verweigern. 
  Scharenberg ist Redakteur der „Blätter für deutsche und internationale 
  Politik“ und Mitglied im Kuratorium der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Auch 
  auf Besetzungsvorschläge aus der Universität für weniger exponierte 
  Stellen gab es vergleichbare politisch motivierte Ablehnung.
  Wer dennoch nicht an politische Zensur eines absoluten Uni-Präsidenten 
  glauben will, möge sich davon überzeugen lassen, das Prof. Peter Grottian 
  die Beteiligung an einer „Langen Nacht des Wissens“ wegen zu erwartender 
  kritischer Äußerungen zur bildungspolitischen Situation untersagt 
  wurde. Ähnlichkeiten zum Auweter’schen „Maulkorb-Erlaß“ 
  oder der Verweigerung der präsidialen Bestellung des gewählten geisteswissenschaftlichen 
  Dekans, Hans-Martin Gutmann in sein Amt im Sommersemester 2009 sind nicht zufällig.
  Die elitäre, anti-demokratische Konzeption des berliner Hochschul-Präsidenten 
  macht sich besonders bemerkbar, indem er Studierenden prinzipiell die Mitbestimmungsfähigkeit 
  an Angelegenheiten, die nicht die Lehre betreffen abspricht: 
„Wo ist studentische Mitbestimmung sinnvoll?
LENZEN: Wo es um die Lehre geht. In den Ausbildungsgremien der Fachbereiche und des Akademischen Senats haben die Studenten ja auch 50 Prozent der Sitze. In anderen Fragestellungen fehlt ihnen aber oft der nötige Einblick.“ (Furios, Studentisches Campusmagazin an der FU Berlin, 1. Juni 2009.)
Folgerichtig beabsichtigt Lenzen nicht, die berliner Studierenden an der auch 
  in der Bundeshauptstadt geplanten „Reform der Bologna-Reform“ zu 
  beteiligen.
Der Bewerber ist ungeeignet
  „Grundordnung der Universität Hamburg - Präambel
  Die Universität Hamburg als autonome öffentliche Körperschaft, 
  die im Zusammenwirken ihrer Mitglieder durch Forschung und Lehre, Studium und 
  Weiterbildung der Pflege und Entwicklung der Wissenschaft dient, gibt sich in 
  eigenverantwortlicher Wahrnehmung ihres Satzungsrechts eine Grundordnung zur 
  Regelung der Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder, des Zusammenwirkens ihrer 
  Organe und Fakultäten sowie der Gestaltung ihrer Selbstverwaltung. Im Bewusstsein 
  der wechselvollen Geschichte und der gesellschaftlichen Verantwortung der Universität 
  bezieht sich der Akademische Senat dabei auf das am 15. Juni 1998 beschlossene 
  Leitbild der Universität als Auftrag zum Schutz und zur Verwirklichung 
  wissenschaftlicher Freiheit, zur Mitgestaltung eines sozialen und demokratischen 
  Rechtsstaates und einer friedlichen und menschenwürdigen Welt sowie zur 
  Verwirklichung des Rechtes auf Bildung und der Gleichstellung der Geschlechter. 
  Der Forschung, der Lehre und der Bildung gewidmet, sind die Universität 
  und ihre Fakultäten aufgerufen, den Zusammenhang der Universität zu 
  wahren und die wissenschaftliche Zusammenarbeit auch über Fächergrenzen 
  hinweg und im internationalen Austausch zu pflegen.“
  (Amtl. Anz. Nr. 96, 8. Dezember 2006, S. 2952 bis 2959.)
Zur vertiefenden Lektüre empfohlen:
- Torsten Bultmann, Elite – Begabung – Exzellenz, Zur aktuellen Konjunktur einer anti-egalitaristischen Bildungspolitik, in: Lorenz Huck u.a. (Hg.), „Abstrakt negiert ist halb kapiert, Marburg 2008. [Link] [pdf]
- Bodo Zeuner, „Die Freie Universität Berlin vor dem Börsengang?“, Abschiedsvorlesung, Berlin 2007. [Link] [pdf]